Keramik Kunst



Wie bei vielen anderen Völkern verläuft auch bei den Mallorquinern die Entwicklung der Keramik parallel zur menschlichen Entwicklungsgeschichte. Tonscherben von archäologischen Fundstätten der Insel beweisen, dass der Mensch schon in der praetalayotischen Phase der Neusteinzeit mit einem außerordentlichen Sinn für Formen und Ästhetik Küchenutensilien hergestellt hat. 

Viel später führten die Römer die Töpferscheibe und die Amphoren ein, mit denen auf dem Seeweg Lebensmittel transportiert wurden. Die großen, spitz zulaufenden Amphoren, wurden auf Metallständern gelagert und wurden für den Transport von Wein und Öl verwendet. Heute sieht man sie als Dekoration in vielen Parks und privaten Gärten der Insel. Eine Hochblüte erlebte die Töpferei unter der islamischen Herrschaft auf Mallorca. Damals wurde Keramik mit gelblichem Email glasiert und auch beim Bau von Häusern und Kanälen verwendet, die Teil eines komplizierten Bewässerungssystem waren, das bis heute erhalten geblieben ist. Mallorca war die erste Region Europas, wo do die so genannte spanisch-maurische Fliese hergestellt wurde, die später mit so viel Erfolg nach Sizilien und das übrige Italien verkauft wurde, dass letztendlich ihre arabischen Wurzeln in den Hintergrund traten und sie der europäischen Kunst zugeordnet wurde. Die „cerámica mayolica“ war entstanden. Dieses Wort leitet sich den Experten zufolge mit großer Wahrscheinlichkeit vom Namen Mallorca ab.
Eines der wichtigsten Keramikzentren im 16. Jahrhundert war das heutige Sa Gerreria-Viertel in Palma. Töpferscheiben gab es dort nachweislich schon im Mittelalter (eine gotische Töpferwerkstatt bestand zum Beispiel in der Calle del Hostal d’en Bauló), aber im Kataster aus 1576 sind um die zwanzig Töpferwerkstätten in diesem Viertel mit den engen Gassen ganz im Herzen der Stadt verzeichnet. Heute geht der Passeig de l’Artesania durch dieses Viertel, ein Projekt, mit dem die handwerkliche Tradition Mallorcas durch Läden mit Werkstätten erhalten werden soll, in denen man die Handwerker bei ihrer Arbeit beobachten kann. Ein weiteres Zentrum der Töpferkunst war Santa Eugènia, aber im 18. Jahrhundert haben die Handwerker sich in benachbarte Zentren wie Portòl und sa Cabaneta in der Umgebung von Marratxí verlagert. Das Museu des Fang in sa Cabaneta und die zahllosen Töpfereien, die es in dieser Gemeinde gibt, sind der Grund, warum die Region heute als „Land des Tons“ bekannt ist. Die Töpferkunst findet ihren Höhepunkt in der „Fira des Fang“, dem seit 1984 jährlich (meist Anfang März) stattfindenden Fest, das jedes Jahr mehr als 100.000 Besucher anlockt. Um diese Entwicklung der Töpferei in Marratxí zu verstehen, genügt es, sich die großen Lagerstätten roter Erde vor Augen zu halten, die rund um Pòrtol zu finden sind. Weitere Orte, in denen die Töpferei sehr stark vertreten ist sind Alaró, Consell, Felanitx, Manacor und Pollença.

Die wohl typischste Form ist sicherlich „el Siurell“, eine kleine Figur, die mit den Fingern geformt, dann weiß gefärbt und mit roten und grünen Streifen bemalt wird. Diese Figuren sind gleichzeitig Pfeifen und werden in Form verschiedener Personen und Tiere gefertigt. Die Siurell-Figuren haben für die Insel eine große symbolische Bedeutung und verdienen deshalb ein eigenes Kapitel auf diesen Seiten über die Handwerkskunst in Mallorca. Aus Terrissa (so nennen die Mallorquiner Terracota), werden aber auch andere Gegenstände gefertigt und bei einer Temperatur von 1000 Grad gebrannt. Die wohl typischsten sind Töpfe, Teller, als Pitxers bekannte Weinkrüge, bemalte Ziegel, Krippen und Greixoneres, eine Topfart, die für die traditionelle mallorquinische Küche unentbehrlich ist. Dieses Angebot wurde in den vergangenen Jahrzehnten um neue Produkte für Haushalt und Garten, wie zum Beispiel Blumentöpfe, Platten, Blumenkästen, Kerzenständer, Kaffeeservices, Becher oder auch Rohre erweitert. Ganz besonders interessant sind auch die für Manacor und vor allem Felanitx typischen „Gerretes“. Das sind sehr aufwändige, mit Bemalungen und Verzierungen geschmückte Tonkrüge.

Auf Mallorca gibt es außerdem eine Vielzahl von Künstlern, die mit Ton arbeiten und deren Werke in ihren eigenen oder spezialisierten Geschäften verkauft werden. Auch auf Kunsthandwerksmärkten, die jede Woche an verschiedenen Orten der Insel stattfinden, können Tonerzeugnisse erstanden werden. Der wichtigste Kunsthandwerksmarkt ist der auf der Plaça Major von Palma de Mallorca, wo auch jedes Jahr ein Weihnachtsmarkt stattfindet, auf dem tausende Krippenfiguren bestaunt werden können.